1996 holte die Brauerei Locher die Braugerste in die Schweiz zurück. Anfang der 1990er-Jahre wurde noch jedes Gerstenkorn für die Bierherstellung in die Schweiz importiert. Dies war Karl Locher, in fünfter Generation Inhaber der Brauerei Locher, ein Dorn im Auge. Ein Zustand, den er kurzerhand selber änderte: «Kürzere Transportwege und höhere Braugersten-Qualität waren unser Ziel», beschreibt der Appenzeller seine Maxime. Er knüpfte Kontakte mit Bergbauern, die den Schritt wagten und Gerstenfelder auf 1200 bis 1700 Metern Höhe bestellten. In der Regel wird Gerste maximal 500 Meter über Meer angebaut. Das Experiment wurde von Erfolg gekrönt: Der Anbau in hohen, rauen Lagen kräftigt die Ernten und die Qualität steigt. Das Korn ist durch das besondere Klima in den Berggebieten strapazierfähiger und das Malzaroma dicht und nussig. Die Brauerei Locher ist die grösste Abnehmerin von Schweizer Braugerste. Die Wiederbelebung mit entsprechend grossen Produktionsmengen hat den Braugerstenanbau ökologisch sowie ökonomisch sinnvoll und für Schweizer Landwirtschaftsbetriebe wieder attraktiv gemacht. Inzwischen arbeitet die Brauerei mit über 50 Bergbauern und weiteren Landwirten aus der Westschweiz und dem Flachland zusammen, die jährlich bis 400 Tonnen Braugerste produzieren. Die Gerste ist der Rohstoff, aus dem das Malz für die Biere und das Bschorle stammt. Trotz erschwerter Bedingungen – steiles Gelände, extreme Witterung, steinige Böden – bietet der Berganbau klare Vorteile. Die Braugerste reift in den Berggebieten zu einem späten Zeitpunkt und wächst somit bei einem hohen Sonnenstand. Neben der Intensität der Sonneneinstrahlung verleihen auch die starken Kälteeinbrüche der Locher-Braugerste besondere Kräfte. Deshalb verwendet die Brauerei Locher so viel Hochland-Braugerste wie nur möglich.
Auch in Appenzell, auf 1150 Metern über Meer, auf etwa selber Höhe wie der Seealpsee, gedeiht auf dem Hof von Sonja und Peter Gätzi Braugerste. Trotz der exponierten Lage wächst hier oberhalb von Appenzell gehaltvolles, hochwertiges Korn. Unten im Tal wird die Gerstenernte von der Oberen Sollegg direkt in der hauseigenen Mälzerei der Brauerei Locher weiterverarbeitet. Je nach Aroma des Malzes, wird entschieden, für welches quöllfrische Spezialbier die Appenzeller Braugerste verwendet wird.